Wer weniger kauft, ist glücklicher

In Deutschland werden durchschnittlich 60 Kleidungsstücke im Jahr pro Person gekauft, von denen 40% ungetragen bleiben. Deutschland ist nach den USA und England der drittgrößte Exporteur von gebrauchter Kleidung. Ein hoher Kleidungskonsum resultiert laut Forschung aus einem Verhaltensmuster, bei dem der Kauf neuer Kleidung als Strategie zur Bedürfniserfüllung genutzt wird. In Deutschland lebt eine Konsumgesellschaft, dessen Reichtum durch materiellen Wohlstand definiert wird (z. B. große Wohnung, ein voller Kleiderschrank mit vielen verschiedenen Outfits, teures Auto, neues Smartphone, …). Dieser Lebensstil wird meist von in der Öffentlichkeit stehenden Personen vorgelebt und verstärkt. Sei es von Profifußballern oder von Influencer*innen. Durch Werbung, soziale Medien und Influencer*innen wird dabei suggeriert, dass der Kauf von Produkten glücklicher macht. Die gesellschaftlichen Strukturen sind auf Konsum ausgelegt. Da Kleidung zusätzlich die Bedürfnisse z. B. nach Selbstausdruck und Gruppenzugehörigkeit bedient, ist das Konsumverhalten entsprechend hoch. Die Forschung hat jedoch gezeigt, dass materieller Konsum langfristig nicht glücklicher macht. Die Strategie, sich ein erfüllteres Leben zu “erkaufen”, funktioniert langfristig nicht. Der Hirnforscher Gerald Hüther, Professor für Neurobiologie der Universität Göttingen beschreibt dieses Verhaltensmuster wie folgt: „Wenn man nicht das bekommt, was man braucht, nimmt man sich eben, was vorhanden ist. Aber glücklicher werden wir dadurch nicht.“

Gesellschaftlicher Glaubenssatz: Konsum macht glücklich

Das Wissen über geeignete Strategien zur Bedürfniserfüllung abseits des Konsums wird daher immer wichtiger. Solange sich der gesellschaftliche Glaubenssatz (“Konsum macht glücklich”) nicht ändert oder erneuert wird, wird weiter konsumiert in der Hoffnung, sich so Bedürfnisse erfüllen zu können.

Bedürfnisse sind menschlich. Die Strategien, um sich ein Bedürfnis zu erfüllen, sind jedoch vielfältig und veränderbar. Eine mögliche neue Strategie, die in diesem Zusammenhang in den Fokus gerückt werden sollte, ist ein genügsamerer Lebensstil. Dieser ist nicht nur nachhaltiger, sondern macht laut der Wissenschaft auch glücklicher: Reduzierter Konsum soll das Wohlbefinden erhöhen und die psychische Belastung senken. Eine mögliche Ursache kann in den zeitlichen und finanziellen Ressourcen gesehen werden, die sowohl durch den Konsumverzicht und die Pflege, als auch die Entsorgung der Kleidung, gewonnen werden. Dadurch sollen sich Menschen “freier und besser” fühlen. Erfüllung kann zudem dadurch mehr in anderen Dingen gefunden werden, die beispielsweise auf das Sozialleben einzahlen und nachhaltigere Dynamiken fördern können.

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